RWTH Aachen Geschichte

Die RWTH Aachen ist eine Gründung des Königreichs Preußen. In der Folge der Beschlüsse des Wiener Kongresses im Jahre 1815 war Preußen die Rheinprovinz zugefallen.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Gewerberegion Aachen zu den am stärksten industrialisierten Regionen Deutschlands. Neben den damals klassischen Wirtschaftszweigen der Tuch- und Nadelindustrie hatten sich bereits Maschinen- und Kesselfabriken etabliert, die über einen erhöhten Mechanisierungsgrad verfügten.

Königliche Rheinisch-Westphälische Polytechnische Schule zu Aachen

Nach jahrelangem Tauziehen zwischen den Städten Aachen und Köln, die sich beide um den Standort einer polytechnischen Schule beworben hatten, fiel im Jahre 1863 durch einen Erlass des preußischen Königs Wilhelm I. die Standortwahl auf Aachen. Im 50. Jahr der Zugehörigkeit der Rheinprovinz zur Krone Preußens fand am 15. Mai 1865 die feierliche Grundsteinlegung des Hauptgebäudes der neuen Polytechnischen Schule am Templergraben in Aachen statt im Beisein des preußischen Königs Wilhelm I. und seines Sohnes, des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (späterer Kaiser Friedrich III.).

Dieses auch heute noch imposant wirkende Gebäude entstand in einer Stadt, die damals nicht einmal 80.000 Einwohner zählte. Für jeden Studenten der RWTH Aachen, der zum ersten Mal vor diesem mächtigen klassizistischem Gebäude mit den mit Adlerfiguren bekrönten Eck-Erkern steht und über die Freitreppe zum Haupteingang hinaufgeht, um sich immatrikulieren zu lassen, ist dies eine bleibende Erinnerung an seine Studienzeit in Aachen.

Es dauerte dann allerdings noch bis zum 10. Oktober 1870, bis die „Königliche Rheinisch-Westphälische Polytechnische Schule zu Aachen“ mit 32 Lehrern und 223 Studenten mitten im Französisch-Deutschen Krieg den Lehrbetrieb aufnehmen konnte.

Gründung erster studentischer Korporationen

Bereits in den ersten Jahren der Polytechnischen Schule kam es zur Gründung von studentischen Vereinen, aus denen sich in den darauf folgenden Jahrzehnten die zahlreichen Aachener studentischen Korporationen entwickelten, u. a. auch die ersten drei Aachener WSC-Corps  Marko-Guestphalia (1871), Delta (1871) und Montania (1872).

Königliche Technische Hochschule Aachen

Im ersten Jahrzehnt seines Bestehens war das Polytechnikum Aachen mehr ein Zusammenschluss von Fachschulen unter einem Dach (Ingenieurwesen, Maschinenbau, Chemische Technik). Erst 1880 kam es zur „Königlichen Technischen Hochschule Aachen“ mit einer eigenen Rektoratsverfassung. Die höchste Stufe der akademischen Rangordnung erreichte die TH Aachen 1902, als sie im  Rahmen
der für Preußen einheitlich geltenden Promotionsordnung das Promotionsrecht zur
Verleihung eines eigenständigen Doktorgrades der Ingenieurwissenschaften erhielt.
Zeitgleich wurde mit der Einführung des akademischen Grades  Diplomingenieur ein zur selbständigen beruflichen Tätigkeit qualifizierender technischer Studienabschluss geschaffen.

Entwicklung der TH Aachen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

In den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens kam die Hochschule nur mäßig voran. Die mit der Hochschulgründung erhofften wirtschaftlichen Vorteile für Aachen und die Region blieben aus. Dazu führte der Erste Weltkrieg zu einem Niedergang des Studienbetriebes.

Anfang der 1920er Jahre erhielt die Hochschule eine Fakultätsgliederung.
Vier Fakultäten ersetzten die früheren Abteilungen der Hochschule und erhielten das
Promotionsrecht. Eine zeitgleich in Kraft getretene Studienreform unterschied
erstmals zwischen Pflicht- und Wahlfächern. Von 1925 bis 1932 stieg die Zahl der Studierenden zwar wieder an. Sie kam aber über 1500 nicht hinaus.

Der Zweite Weltkrieg führte zu schwersten Schäden der Hochschulgebäude. Bei Kriegsende war das Hochschulgelände zu 70 % zerstört. Auch das Hauptgebäude erhielt Bombentreffer, die die Hauptfassade komplett wegrissen.

 Exorbitante Entwicklung seit den 1950er Jahren

Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt die eigentliche Erfolgsgeschichte
der TH Aachen. Nach Beseitigung der schlimmsten Kriegsschäden wird im Sommersemester 1946 der Lehr- und Forschungsbetrieb aller Fakultäten wieder aufgenommen. Bereits 1950 hat sich mit 3.000 Studierenden die in der Vorkriegszeit erreichte Studentenzahl mehr als verdoppelt. 1954 steigt sie auf über 5.000. Obwohl in
diesen Nachkriegsjahren die Studentenzahlen an allen bundesdeutschen Universitäten
rasch ansteigen, verzeichnet die TH Aachen den größten Zuwachs von allen.

Als „Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen“ ist sie eine staatliche Universität des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Mit Überschreitung der magischen Ziffer von 10.000 Immatrikulierten wird sie im WS1960/61 zur größten Technischen Hochschule Deutschlands.

Nachdem in den 1950er Jahren bereits zahlreiche neue Lehrstühle entstanden, werden jetzt auch neue Fakultäten eingerichtet. So erhält 1961 die Elektrotechnik den Status einer eigenständigen Fakultät. Auch neue nichttechnische Fakultäten entstehen: 1965 die Philosophische Fakultät und 1966 die Medizinische Fakultät. 1980 wird die Aachener „Pädagogischen Hochschule Rheinland“ als Pädagogische Fakultät eingegliedert (1989 von der Philosophischen Fakultät übernommen). Als 10. Fakultät der Hochschule wird 1986 die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät gegründet. So
entstand aus der einst rein technischen Hochschule eine Universität. Während sich andere bundesdeutsche Technische Hochschulen in Technische
Universitäten umbenannten, hat die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
Aachen in bewusster Wahrung der Tradition ihrer Wurzeln aus der polytechnischen
Bewegung des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung als Technische Hochschule beibehalten.

Heute gehört die RWTH Aachen mit etwa 32.000 Studierenden und jährlich 6-7.000 Neueinschreibungen neben der TU Dresden und der TU Berlin zu den drei größten Technischen Universitäten Deutschlands. Sie verfügt über 260 Lehrstühle und bietet 118 Studiengänge an. Mit ca. 7.000 Beschäftigten, darunter 465 Professoren und ca. 4.300 Wissenschaftlichen Mitarbeitern, ist sie der größte Arbeitgeber in der Region Aachen.